- Medizinnobelpreis 1964: Konrad Bloch — Feodor Lynen
- Medizinnobelpreis 1964: Konrad Bloch — Feodor LynenDas amerikanisch-deutsche Wissenschaftlerteam erhielt den Nobelpreis für seine Entdeckungen auf dem Gebiet des Stoffwechsels von Cholesterin und Fettsäuren.BiografienKonrad Emil Bloch, * Neisse (Schlesien, heute Polen) 21. 1. 1912, ✝ Boston (Massachussetts) 15. 10. 2000; 1936 Auswanderung in die USA, ab 1946 Professor an der University of Chicago, 1953 Stipendiat an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich, ab 1954 Professor für Biochemie an der Harvard University (Cambridge), ab 1968 dort Leiter der chemischen Fakultät.Feodor Felix Konrad Lynen, * München 6. 4. 1911, ✝ München 6.8.1979, ab 1953 Professor für Biochemie an der Universität München, ab 1954 Direktor des Max-Planck-Instituts für Zellchemie in München, ab 1972 Direktor des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Planegg-Martinsried.Würdigung der preisgekrönten LeistungDie Wege, auf denen im menschlichen Körper Substanzen auf- und abgebaut und ineinander umgewandelt werden, mögen noch so kompliziert sein, zumindest einige Produkte dieser Stoffwechselprozesse kennt jeder. Und manche davon haben einen ausgesprochen schlechten Ruf. Cholesterin zum Beispiel kennen die meisten Leute als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.Medizinische Ratgeber greifen das Thema auf und weisen auf die Risiken zu hoher Cholesterinkonzentrationen im Blut hin. Bereits in den 1950er-Jahren diskutierten Mediziner und die Öffentlichkeit über den Zusammenhang zwischen Cholesterinwerten und Arterienverkalkung. Damals war es schon fast 200 Jahre her, dass Wissenschaftler die Substanz erstmals aus menschlichen Gallensteinen isoliert hatten. Und auch die chemische Struktur der aus ringförmig angeordneten Kohlenstoffatomen, Wasserstoff und Sauerstoff bestehenden Verbindung kannte man bereits. Ihre Aufklärung zu Beginn des 20. Jahrhunderts war einer der großen Fortschritte der organischen Chemie.Doch die meisten Rätsel des Cholesterins blieben zunächst ungelöst. Niemand wusste, wie die Substanz im Körper entsteht, geschweige denn, wie sie andere Komponenten des Stoffwechsels beeinflusst. Erst die Arbeit von Konrad Emil Bloch und Feodor Felix Lynen brachte Licht ins Dunkel dieser Prozesse. Ihre »Entdeckungen über die Mechanismen und Regulationsvorgänge des Cholesterin- und Fettsäurestoffwechsels« trugen dem US-Amerikaner und dem Deutschen 1964 den Nobelpreis für Medizin ein.Es waren neue Untersuchungsmethoden, die den beiden Forschern die verschlungenen Wege des Fettstoffwechsels deutlich machten. Als Bloch und Lynen ihre wissenschaftliche Laufbahn begannen, hatte der Physikochemiker George de Hevesy (Nobelpreis für Chemie 1943) bereits ein Verfahren entwickelt, mit dem man Stoffe radioaktiv markieren und so ihren Weg durch den lebenden Organismus verfolgen kann. Als dann radioaktive Isotope (verschiedene Erscheinungsformen eines Atoms) von Kohlenstoff und Wasserstoff zur Verfügung standen, konnten grundlegende Stoffwechselprozesse aufgeklärt werden. Immer besser verstanden die Forscher, was in einer lebenden Zelle vorgeht.Essigsäure wird zu CholesterinBloch und Lynen konnten auf diese Weise aufklären, wie genau Cholesterin und Fettsäuren im Körper gebildet und in andere Stoffe umgewandelt werden. Diese Prozesse sind sehr kompliziert, ganze Kaskaden von chemischen Reaktionen müssen nacheinander ablaufen, um bestimmte Produkte herzustellen. Die Forscher fanden heraus, dass Cholesterin aus Essigsäure in etwa 30 Zwischenschritten entsteht. Damit hatten sie eine der grundlegenden Substanzen des Fettstoffwechsels identifiziert. Denn die so genannte aktivierte Essigsäure ist nicht nur der Vorläufer von Cholesterin, sondern auch der Fettsäuren. Lynen konnte diese aktivierte Essigsäure erstmals isolieren; Bloch fand heraus, wie aus den Molekülen der Säure Cholesterin entsteht. Dazu baut der Körper aus den Säuremolekülen mit zwei Kohlenstoffatomen langkettige Kohlenwasserstoffe auf, die in einer komplizierten Folge von Reaktionen zu Cholesterin umgebaut werden, das aus 27 zum Teil ringförmig angeordneten Kohlenstoffatomen besteht.Diese Prozesse laufen im Körper an verschiedenen Stellen ab. Der größte Teil des Cholesterins wird in der Leber gebildet, daneben treten auch Darmschleimhaut, Nebennieren und Geschlechtsdrüsen als Produzenten in Aktion. Zusätzliches Cholesterin gelangt mit tierischen Fetten aus der Nahrung in den Körper. Je nach Angebot und Nachfrage unterliegt es dann einem ständigen Auf-, Ab- und Umbau. So wandelt die Leber beim Menschen etwa ein Gramm Cholesterin pro Tag in Gallensäuren um, die wiederum sehr wichtig für die Fettaufnahme im Dünndarm sind.Cholesterin ist besser als sein RufDer schlechte Ruf der Substanz ist nicht generell berechtigt. Cholesterin ist ein ganz normaler Bestandteil jeder menschlichen Zelle. Es wird für den Aufbau der Zellmembranen, den Fetttransport und die Bildung vieler Hormone gebraucht. So sind die Hormone der Nebenniere und der Geschlechtsorgane vom vorhandenen Cholesterin abhängig. Problematisch wird es allerdings, wenn im Körper mehr Cholesterin vorhanden ist, als verwertet werden kann. Im Blut lässt sich dann ein erhöhter Cholesterinspiegel nachweisen. Und damit steigt das Risiko für Arterienverkalkungen, die Herzinfarkt, Schlaganfall und Durchblutungsstörungen nach sich ziehen können.Wer nun aber schließt, möglichst niedrige Cholesterinwerte seien am gesündesten, hat nur teilweise Recht. Denn die Auswirkungen der Substanz hängen von ihrem Transportmittel ab. Da Cholesterin wie alle Fette nicht wasserlöslich ist, muss es für den Transport durch die Blutbahnen an Trägermoleküle gebunden werden. Da diese aus Eiweißen bestehen, nennen Experten diese Transportvehikel »Lipoproteine«. Im Labor lassen sie sich anhand ihrer Molekülgröße und Dichte unterscheiden. Solche mit geringer Dichte (abgekürzt LDL: Low Density Lipoproteins) werden oft als »schlechtes Cholesterin« bezeichnet. LDL ist für den Cholesterintransport in andere Zellen zuständig, trägt aber auch am meisten zur gefürchteten Arterienverkalkung bei. Die LDL-Werte im Blut sollen daher möglichst niedrig sein, bei gesunden Personen ohne Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht und erhöhten Blutdruck unter 160 Milligramm pro 100 Milliliter.Bei der zweiten Sorte von Lipoproteinen, dem »guten« HDL (High Density Lipoprotein), sollten die Werte dagegen möglichst hoch sein, als Norm gelten hier etwa 35 Milligramm pro 100 Milliliter. HDL sorgt für den Transport des Cholesterins in die Leberzellen, wo es weiterverarbeitet und in den Körperstoffwechsel eingeschleust wird. Ist nicht genug HDL als Träger vorhanden, werden freie Cholesterinkristalle in Organen und Gefäßen abgelagert; die ersten Schritte zur Arteriosklerose.Zwar mag den Patienten nicht im Detail interessieren, welche einzelnen Schritte in seinem Fettstoffwechsel ablaufen. Für das Verständnis und die Therapie solcher Krankheiten hat die Arbeit von Bloch und Lyne aber das entscheidende Fundament gelegt.R. Knauer, k. Viering
Universal-Lexikon. 2012.